Wer mit einem Internetauftritt im Web präsent ist, hat sich – bewusst oder aus Unwissen – zwischen zwei Entscheiden, passiver oder aktiver Sichtbarkeit entschieden. Aktiv ist Sichtbarkeit im Internet immer dann, wenn die Visibilität gezielt gesteuert wird. Passiv dann, wenn Content losgelöst von Wissen um die Funktionsweise der Algorithmen der Suchmaschinen auf gut Glück ins Web gestellt wird.
Was passiert, wenn ein Unternehmen oder Organisation eine Webseite betreibt, die nicht SEO-optimiert ist? Ist passive Sichtbarkeit eine Option? Welche Vorteile und Nachteile bestehen gegenüber Mitbewerbern, die aktive Suchmaschinenoptimierung betreiben?
Passive Sichtbarkeit
Definition: Passive Sichtbarkeit kennzeichnet Webseiten, die nicht aktiv für Suchmaschinen optimiert sind. Konzept, Struktur und Inhalte orientieren sich nicht an Best Practice von Suchmaschinenbetreibern wie Google, Bing, DuckDuckGo und Co.
Typische Kennzeichen passiver Sichtbarkeit:
- Webseite besitzt die Funktion einer Visitenkarte: Wie diese wird sie nicht „per Zufall auf der Straße gefunden“. Sondern von Menschen genutzt, mit denen der Absender bereits vorab in Kontakt gestanden ist. Der Content präsentiert eine Organisation oder ein Unternehmen aus der Perspektive des Absenders (Eigenbild).
- Kein oder nur langsames Wachstum der Besucherzahlen der Webseite. Zugriffe auf die Internetpräsenz erfolgen – anders als bei aktiver Sichtbarkeit – selten oder nicht über den Personenkreis hinaus, der losgelöst von der Internetpräsenz bereits mit dem Unternehmen verbunden ist.
- Content folgt oft dem Erfordernis der Aktualität und besitzt darum kurze Halbwertszeiten.
- Zugriffe auf Web-Content erfolgen durch die Suche nach Firmenname oder zufälliges Auffinden der Inhalte, durch Weiterempfehlung, Bewerbung durch Firmen-Newsletter, bezahlte Werbung (Ads) auf anderen Kanälen oder gezielte Verlinkung auf anderen Webseiten und in den sozialen Medien.
- Erfolge zeigen sich beim Entscheid für passive Sichtbarkeit als Folge von „Zufallstreffern“ in der Regel frühestens nach 12, eher 24–48 Monaten.
- Um Personen an die Webseite zu binden, ist die regelmäßige Publikation neuer Inhalte erforderlich. Stammleser erwarten im Minimum einen neuen Artikel mit minimal 300 Wörtern pro Woche.
Vorteile: keine interne oder externe Expertise und damit Aufwände bezüglich Suchmaschinenoptimierung erforderlich. Wahl der Inhalte kann innerhalb des gewählten thematischen Überbaus losgelöst von strategischer Sichtbarkeit frei erfolgen. Größere Toleranz gegenüber sich inhaltlich überschneidenden Content. Visuelle Gestaltung des Auftritts im Web kann individueller erfolgen, als in den sozialen Medien.
Nachteile: Nicht geeignet für Internet-Shops. Weil: Mund-zu-Mund-Propaganda und Empfehlungsmarketing funktionieren im Internet sehr viel seltener als kolportiert. Nicht zuletzt, weil die Algorithmen sozialer Medienplattformen mehrheitlich ein Empfehlung-Marketing für Unternehmen nur noch in Form von bezahlten Anzeigen unterstützen.
Nicht um passive Sichtbarkeit handelt es sich, wenn Inhalte einer Webseite von einem Dritten unerlaubt kopiert werden. HIer gilt es mithilfe von Online-Tools wie etwa dem IP Checker einen rechtlichen Anknüpfungspunkt für die Urheberrechtsverletzung zu finden.
Aktive Sichtbarkeit
Definition: Aktive Sichtbarkeit steht für eine Webpräsenz, deren Inhalte, Konzept und Struktur der Webpräsenz sich nicht nur an den Kommunikationszielen oder Marketingzielen des Absenders und Zielgruppen orientieren. Diese Webauftritte inkludieren – losgelöst von dubiosen Tricks – Best Practice für die Auffindbarkeit in den Suchresultaten (SERPs) für die maximal mögliche Visibilität.
Typische Kennzeichen aktiver Sichtbarkeit:
- Menschen finden Webseite und deren Inhalte bei der Suche nach Schlüsselbegriffen im Internet (organischer Traffic).
- Webseiten mit integriertem Blog oder Fachlexikon (bspw. MediaWiki). Der Internetauftritt kombiniert die Ziele des Erstellers einer Webseite mit der Erwartung des Besuchers (Fremdperspektive).
- Konstantes, exponentielles Wachstum ab Moment der Indexierung möglich, getrieben auch durch parallel zum Traffic anwachsende Zahl Backlinks.
- Wesentlicher Anteil des Traffics erfolgt durch Inhalte, deren Mehrwert nicht nur von der Aktualität des Contents getrieben wird und darum über lange Zeitfenster Visitors anzieht (sog. Evergreen-Content).
- Webseite ist entweder „verkaufsorientiert“ (Webshop) oder multipliziert Wissen (Bekanntheit) oder Einstellung (Image) über einen Sachverhalt, ein Angebot oder ein Produkt.
- Ziele werden beim Projektstart – oder Relaunch eines Internetauftritts – als KPI (Key Performance Indicator) definiert und in die Konzeption der Webplattform implementiert.
- Zum Start einer Webplattform werden bei der Wahl für aktive Sichtbarkeit 10 bis 20 SEO-optimierte Artikel mit minimal 300 Wörtern auf Basis der Content-Strategie erstellt.
- Zusätzliche Publikation von neuen, komplementären Inhalten (ohne Überschneidung der „Suchbegriffe“) alle zwei bis vier Wochen steigert die Wiederbesuchs-Rate und generiert Stammleser.
- Regelmäßiges Monitoring der Leistung, darauf basiert Analysen (auch über Besucher der Webseite) und allenfalls adaptive Optimierungen zu weiteren Leistungsoptimierung.
- Bewerbung und Unterstützung durch soziale Medien als flankierende Maßnahmen sind hilfreich, aber für die Erzielung von Besucherströmen weniger entscheidend als bei der passiven Sichtbarkeit.
Vorteile: gezieltes Wachstum und Unterstützung bei der Wahl der Inhalte eines Artikels durch Analysen der Nachfrage und Konkurrenzumfeld.
Nachteile: Know-how für Suchmaschinenoptimierung erforderlich. Bei fehlender Erfahrung mit SEO werden Texte von Laien – statt für den Leser – oft nur noch für Suchmaschinen verfasst, und scheitern darum bei der Leserschaft. Damit droht eine Imageschädigung oder ein Reputationsverlust.
Sonderfall: Vanity-Content
Eine besondere Spielart der passiven Visibilität sind Webseiten, die dem Ego, dem Sendungsbewusstsein und nicht selten der Eitelkeit des Absenders schmeicheln. Sie werden im angelsächsischen Sprachraum auch – boshafter Weise, oft zu Unrecht – als Vanity Content bezeichnet.
Definition: Publikation von Content nach Lust und Leidenschaft, angetrieben vom eigenen Ego und der Freude, sich im Web mitzuteilen und möglichst prominent öffentlich zu positionieren. Vielleicht springt der Funke ja tatsächlich auf die Leserschaft über.
Typische Kennzeichen:
- als Absender steht eine Person im Vordergrund.
- Inhalte sind oft Meinungsartikel oder kontrovers.
- Webseiten mit diesem Profil dienen oft als (scheinbarer) Beweis, dass eine hohe Visibilität im Web auch ohne aktive Sichtbarkeit zu erreichen ist.
Vorteile: unbeschwertes Arbeiten und publizieren nach Lust und Laune. Zielführend für Personen, die in einem Themenbereich Meinungsführerschaft mit einer vorstehenden medialen Bekanntheit verknüpfen können.
Nachteile: Inhalte werden überwiegend in der eigenen „Bubble“ konsumiert. Ausweitung der Leserschaft erfordert pointierte, kantige Texte und eine Multiplikation der eigenen, publizierten Inhalte durch Medien (breite Öffentlichkeit, Fachzeitschriften für Berufsgruppen oder Interessenverbände). Wer nicht bereits „Follower“ oder „Fans“ besitzt, die sich erfolgreich von anderen Kanälen auf die neue Webseite transferieren lassen, bewegt sich in der Unsichtbarkeit.
—
Anmerkung: über die Auffindbarkeit und damit die Sichtbarkeit einer Webseite im Internet bestimmen einige Dutzend sich wechselseitige beeinflussende Faktoren. Die in diesem Artikel erwähnten Punkte sind nicht abschließend zu verstehen.